Programmieren lernen mit den Malrobotern der TechnoTHEK Karlsruhe – Interview mit Professor Jürgen Walter

Auch beim Programmieren gilt: Früh übt sich, wer ein Meister werden will. Umso wichtiger ist das Angebot der TechnoTHEK Karlsruhe, die in Zusammenarbeit der Hochschule und der Kinder- und Jugendbibliothek Karlsruhe im Prinz-Max-Palais betrieben wird. Zu diesem Angebot gehören inzwischen auch Programmierkurse mit Malrobotern – geeignet für Kinder ab zehn Jahren. Jürgen Walter, Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik an der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft, leitet das Projekt. Im Interview erklärt er das Grundkonzept und spricht unter anderem darüber, wie ein leicht verständlicher Zugang zum Programmieren schon für Kinder im Grundschulalter möglich wird.

Mit Maschinen malen: Die Malroboter bieten Kindern einen idealen Einstieg in das Programmieren

Schönen guten Tag Herr Professor Walter, Sie betreuen das Malroboter-Projekt der TechnoTHEK Karlsruhe. Worum geht es in diesem Projekt?

Kurz gesagt bieten wir Kurse an, in denen Kinder auf leichte und spielerische Art und Weise programmieren lernen – computational thinking. Das heißt, sie erstellen ganz konkrete Programmierbefehle, die der Malroboter dann ausführt. Diese Kurse geben Studierende der Hochschule Karlsruhe und finden in der TechnoTHEK der Kinder- und Jugendbibliothek Karlsruhe im Prinz-Max-Palais statt. Die TechnoTHEK eröffnete dieses Jahr mit Unterstützung des VDI.

Was sind das für Roboter, die bei den Malroboter-Kursen zum Einsatz kommen?

Bei den Einführungskursen benutzen wir gleiche Malroboter. Hier liegt der Fokus auf der Programmierung. Bei den aufbauenden Kursen bauen die Kinder ihre eigenen Malroboter. Diese Malroboter sind dann relativ unterschiedlich: einige haben eher ein einfaches und pragmatisches Design, andere sind „etwas smarter“. Allen gemeinsam ist, dass sie zunächst aus Baukästen zusammengebaut und anschließend mit einem Stift versehen werden, mit dem sie auf einem Whiteboard malen. Wenn man möchte, kann man den Robotern auch kleine Tricks beibringen, etwa indem man sie mit der Vorderseite „hüpfen“ lässt.

Wie funktioniert dann die Programmierung?

Die Kinder programmieren die Malroboter mit der Programmiersprache Cody++. Das Programm setzt sich aus Puzzle-Bausteinen zusammen und basiert auf Blookly von Google. Bei Cody++ handelt es sich um eine von Studenten entwickelte Software, die auf einem recht einfachen Prinzip aufbaut. Man kann sozusagen mit Blöcken Befehle ausführen, die zum Beispiel so klingen können: Motor 2 soll sich mit Geschwindigkeit 7 für 5 Sekunden linksherum drehen. Diesen Befehl kann man dann visuell mit Bausteinen programmieren, indem man einen Startpunkt festlegt und einen Motorstartbefehl hinzufügt. Dabei werden nacheinander festgelegt: erstens der Motor, der den Befehl ausführen soll, zweitens die Richtung, in die gedreht werden soll, drittens die Geschwindigkeit, mit der gedreht werden soll, und viertens der Delay, das heißt, wie lange dieser Einzelbefehl andauern soll. Selbstverständlich kann man eine solche Befehlsreihe mit Loops auch beliebig oft verdoppeln. So kann man auf recht einfache Weise schon relativ komplizierte Befehlsreihen erstellen.

Ist das eine ganz eigene Art zu programmieren, oder erleichtert Cody++ wirklich den Einstieg in ansonsten genormte Programmiersprachen?

Im Grunde sowohl als auch, da die Logik ja effektiv dieselbe bleibt und sie nur anders dargestellt wird. Die Ansicht auf dem Bildschirm hat für den Einstieg in die „reale Programmierwelt“ einen durchaus bemerkenswerten Mehrwert, da die Programmierung in einer den Kindern angepassten Programmiersprache erfolgt. Zeitgleich wird auf der rechten Seite des Bildschirms auch das Programmierte in der sehr gebräuchlichen Programmiersprache C++ für Arduino abgebildet – in farblicher Abstimmung, welcher visuelle Teil welchem Programmierelement entspricht.

Und wie sieht dann die Umsetzung in der Praxis aus, wenn der programmierte Malroboter tatsächlich malen soll?

Wenn die Bewegungsabläufe programmiert sind, kann der Malroboter auf der Unterlage abgelegt werden. Bevor es losgeht, wird natürlich ein Stift in einem genau passenden Stifthalter platziert, der mit einem 3D-Drucker gedruckt wurde. Konkret wird also ein Stift über die Unterlage bewegt, und diese Bewegung wird programmiert. Was dann auf dem Board letztendlich erscheinen soll, liegt bei den Kindern: Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Bisher haben wir in der TechnoTHEK ganz unterschiedliche Beispiele gesehen, ob nun der Violinschlüssel, Ornamentmuster, punktsymmetrische Zeichnungen oder auch das Haus vom Nikolaus.

Der wesentliche Unterschied zur üblichen Programmierung ist die unmittelbare sichtbare Rückkopplung über den Malstift. Hierdurch entsteht zusätzlich eine „Debug-Schnittstelle“ ohne hohen Lernaufwand. Auch werfe ich eine nicht mehr benötigte Befehlsreihe in den Papierkorb, anstatt über „taskskill“ – in der Kommandozeile aus dem 20. Jahrhundert – Befehle einzugeben.

Eventuell ein schönes Beispiel, um das „Debuggen – Entwanzen“ zu erklären – aber nicht nachmachen (lacht): Befestigen Sie einen Stift an Ihrem Saugroboter und Sie werden abends sehen, wo er nicht gereinigt hat.

Wie ist die Resonanz unter den Kindern und Jugendlichen, die die Malroboterkurse in der TechnoTHEK besucht haben?

Bislang kommen die Inhalte und Methoden wirklich sehr gut an. Insbesondere zeigen dies Evaluationen eines reinen Mädchengymnasiums. Aber auch bei Kursen für angehende LehrerInnen gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe bekommen wir sehr positive Rückmeldungen. Die meisten sind sogar so begeistert, dass sie selbst Videos von den Malrobotern machen, die sich mit den von ihnen programmierten Befehlen bewegen. Deshalb haben wir auch im laufenden Wintersemester eine Neuauflage des Malroboterkurses und schon einige Termine für den Einführungskurs festgelegt. Zudem gibt es schon einen Termin für einen daran anschließenden Aufbaukurs.

Ein besonderes Anliegen ist mir die Schulung von LehrerInnen. Diese müssen wir bei der „Digitalisierung“ unbedingt mitnehmen. Ansonsten bekommen wir tatsächlich eine „High-Low-Gesellschaft“, in der bereits um 1976 als die beiden digitalen Zustände häufig mit H und L bezeichnet wurden anstatt mit 1 und 0.

Vielen Dank, Herr Professor Walter, für Ihre spannenden Ausführungen zum Malroboter-Projekt in der TechnoTHEK in Zusammenarbeit mit der Hochschule Karlsruhe! Wir wünschen Ihnen Alles Gute und weiterhin viel Freude beim Unterrichten!

Das Interview mit Professor Dr. Jürgen Walter führte die Redaktion VDI Karlsruhe.

 

Die Malroboter auf YouTube

Für einen visuellen Einblick in das Projekt der Malroboter und wie das Programmierergebnis aussehen kann, klicken Sie bitte auf das Bild (spielt YouTube-Video ab):

(Quelle: © Mechatronik Welt auf YouTube)

 

Über Professor Jürgen Walter

Jürgen Walter ist Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik an der Hochschule Karlsruhe. Am 1. September 1992 wurde er in den Fachbereich Feinwerktechnik für die Fachgebiete Informationstechnik und Mikrocomputertechnik berufen. 1996 erhielt er den Lehrpreis des Landes Baden-Württemberg. Sein wesentliches Arbeitsgebiet neben der Lehre ist das Internet. In Zusammenarbeit mit der TechnoTHEK Karlsruhe leitet er das Projekt, bei dem Kinder mit den Malrobotern das Programmieren spielerisch erlernen können.
(Coverbild: © Professor Jürgen Walter)

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