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Ein Universalgreifer nach dem Vorbild der menschlichen Hand – Interview mit Karoline von Häfen, FESTO

Greifen, Bewegen, Positionieren: Für die meisten Menschen sind diese Fähigkeiten selbstverständlich, und die Natur löst sie auf einfache und energieeffiziente Weise. Diese Aufgaben sind auch ein Grundelement des Arbeitsalltags, beispielsweise in der Fertigung. Die Automatisierungstechnik kann also von seinem Vorbild Natur einiges lernen. Zu diesem Zweck hat die FESTO AG & Co. KG das Bionic Learning Network mitbegründet – und im Rahmen des VDI-TrendForum BW 2019: Autonome Systeme findet die erste Veranstaltung der Reihe am 4. Juni 2019 im Hause Festo in Esslingen statt. Im Interview gibt Karoline von Häfen spannende Einblicke in die Arbeitsweise und die Potenziale, die sich durch das Bionic Learning Network ergeben.

Der persönliche Austausch ist von zentraler Bedeutung für das Bionic Learning Network – Karoline von Häfen im Interview

Frau von Häfen, wie würden Sie in kurzen Worten erklären, wofür das Bionic Learning Network steht?

Beim Bionic Learning Network lernen wir von der Natur und arbeiten mit sehr vielen Partnern zusammen. Wir haben natürlich eine eigene Mannschaft, aber es ist sehr wichtig, dass wir auch den Austausch haben: mit Instituten, mit Hochschulen, mit Firmen und mit Unternehmen, die uns in einer ganz spezifischen Fragestellung dann auch unterstützen und helfen.

Worauf liegt Ihr aktueller Arbeitsschwerpunkt beim Bionic Learning Network?

Die Natur bietet ja eine Fülle an Vorbildern und Inspiration. Daraus wir haben uns dieses Jahr die menschliche Hand zum Vorbild genommen – letztendlich das komplexeste Werkzeug des Menschen. Wir haben damit quasi einen Universalgreifer. Diesen haben wir nachgebaut und mit künstlicher Intelligenz hat es diese Hand geschafft, selbstständig eine Aufgabe zu lösen. Sie ist somit in der Lage, die richtige Bewegungsstrategie zu erlernen. Das geschieht in der virtuellen Umgebung: Wir haben die Hand als digitalen Zwilling nachgebaut und dann tatsächlich in dieser Simulation das Lernen trainiert. Vor allem können wir diesen Prozess mehrfach gleichzeitig durchführen an sehr vielen digitalen Zwillingen.

Können Sie das an einem anderen Beispiel verdeutlichen?

Wenn wir Menschen als Kleinkinder laufen lernen, dann sehen wir das auch: Sie fallen sehr oft nochmal hin, und stehen wieder auf, und fallen wieder hin. Aber in dem Moment, in dem sie den ersten Schritt machen, ist sozusagen der Durchbruch zum Laufen lernen gelungen. Das Kleinkind hingegen kann das natürlich nicht gleichzeitig hundertfach üben, sondern braucht dadurch sehr viel länger in der Iteration.

Dann kommen wir zurück zur menschlichen Hand: Wie sehen die konkreten Einsatzmöglichkeiten für diese Entwicklung aus?

Solch ein universeller Greifer bietet viele Vorteile, besonders, wenn ich an die Produktion denke, wo man gerne ja die helfende dritte Hand hat. In diesem Fall ist das eine sehr menschlich anmutende dritte Hand, die einem zum Beispiel ein Werkzeug anreicht, oder ja, im richtigen Moment dann auch etwas abnimmt. Grundsätzlich ist der Einsatz von so einem tollen Greifer natürlich in vielen Bereichen möglich: Medizin, Pflege oder Feinausrichtung könnten vielleicht auch Szenarien sein.

Was sind Ihre Erfahrungen: Wie kommen die Ergebnisse Ihrer Projekte beim breiten Publikum an?

Das ist total erstaunlich: Die Resonanz, die wir auf unsere bionischen Projekte bekommen, ist riesig. Es gelingt uns einfach über die Bionik, Technik verstehbar zu machen. Über das Interesse gelingt es tatsächlich dann auch, ein richtiger Magnet zu sein und für technische Berufe zu begeistern. Im Bionic Learning Network ist uns der Austausch ja ganz wichtig, und die Kommunikation und Inspiration entsteht einfach zwischen den Menschen. Und da ist auch der VDI eine Gemeinschaft, wo dieser Austausch möglich wird und Austausch gelingt, trotz aller Vorteile von Social Media, dem Internet allgemein und so weiter. Das persönliche Miteinander und das persönliche Diskutieren sind aus meiner Sicht ganz wesentliche Elemente, die wir brauchen, um wirklich gute und neue Erfindungen auch zu erreichen.

Frau von Häfen, vielen herzlichen Dank für das interessante Gespräch und die spannenden Einblicke in die Arbeit des Bionic Learning Network! Wir wünschen Ihnen für Ihre weiteren Projekte alles Gute und viel Erfolg!

Das Interview mit Karoline von Häfen führte die VDI-Redaktion.

 

VDI-TrendForum BW 2019: Autonome Systeme – nehmen Sie teil!

Im Rahmen des VDI-TrendForum BW 2019 zum übergreifenden Thema „Autonome Systeme“ lädt der VDI zu insgesamt fünf Veranstaltungen zu verschiedenen Unternehmen ein. Diese sind auch für Interessierte geöffnet, die über keine Mitgliedschaft verfügen. Weitere Informationen zu Ablauf und Teilnahme finden Sie auf den einzelnen Veranstaltungsseite VDI-TrendForum BW 2019: Autonome Systeme.

 

Das vollständige Interview mit Karoline von Häfen

Die vollständigen Antworten von Karoline von Häfen, Leiterin Produktdesign FESTO AG & Co. KG, können Sie sich auch direkt hier ansehen:

 

(Coverbild: © VDIBW | YouTube)