Kind in TechnoTHEK Karlsruhe spielt mit Fischertechnik

1 Jahr TechnoTHEK Karlsruhe: MINT-Angebote für Kinder werden ausgebaut – Interview mit Dr. Nina Vogel

Die TechnoTHEK Karlsruhe ist ein beliebter Ort für Kinder und ihre Eltern, den MINT-Bereich zu erforschen, Programmieren zu lernen, sich mit Elektronik auseinanderzusetzen und vieles mehr. Ihre Eröffnung liegt nun ein Jahr zurück, und anlässlich des ersten Geburtstags der TechnoTHEK Karlsruhe konnten wir Frau Dr. Nina Vogel, Verantwortliche für die TechnoTHEK vonseiten des VDI-Bezirksvereins Karlsruhe, für ein Interview gewinnen. Darin blickt sie auf ein spannendes und lehrreiches erstes Jahr zurück, erklärt die mittelfristige Ausrichtung des (Online-) Angebots der TechnoTHEK und stellt einige Veranstaltungsangebote für Kinder vor, die in den kommenden Wochen umgesetzt werden.

Hervorragende Resonanz und tolle Veranstaltungen in der TechnoTHEK Karlsruhe – Dr. Nina Vogel im Interview

Schönen guten Tag Frau Dr. Vogel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview nehmen! Vor kurzem feierte die TechnoTHEK Karlsruhe ja ihren ersten Geburtstag, nachdem sie im Frühjahr 2019 eröffnet wurde. Wie verlief dieses erste Jahr für Sie?

Es war eine steile Lernkurve! Ich habe so viel gelernt und lerne ständig dazu. Herr Wutschke, der Gründer der ersten TechnoTHEK in Erfurt, gab mir den sehr wichtigen Tipp, dass ich erst ganz „leise“ öffnen soll, um die Abläufe und Materialien zu testen. Denn sonst würde die TechnoTHEK gleich überrannt werden. Und er hatte Recht: die Nachfrage hat uns alle überrascht. Sowohl die Baukästen als auch die Workshops und die offenen Fischertechnik-Samstage sind stets sehr gut besucht.

Wir hatten viele Highlights, zum Beispiel einen Stand an der KIT-Kinderuni in den Sommerferien 2019 oder den Besuch der LEARNTEC im Januar 2020. Über die Technika-Initiative konnten wir dort unser Angebot vorstellen. Ich nahm vier Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren mit. Jeder von ihnen hatte speziell für die Messe ein eigenes Projekt erarbeitet, an dem er wochenlang gebaut und programmiert hatte. Das war ein großartiges Erlebnis.

Die TechnoTHEK könnte aber nicht existieren, hätte es nicht die Kinder- und Jugendbibliothek Karlsruhe gegeben. Frau Auer, die langjährige Leiterin der Kinder- und Jugendbibliothek, sowie ihre Kolleginnen haben dort einen Ort geschaffen, wo die Kinder und deren Eltern gerne hinkommen, sich entspannen und sich auf neue Angebote einlassen. Die Bibliothek ist hervorragend und ich bin sehr dankbar für die wunderbare Zusammenarbeit.

Wie hat sich die TechnoTHEK im Vergleich zum ursprünglichen Konzept weiterentwickelt?

Ja, das ursprüngliche Konzept orientierte sich an Erfurt. Schnell merkte ich aber, dass es hier in Karlsruhe ganz andere Bedingungen und Ressourcen gibt. So habe ich über die Zusammenarbeit mit dem Cyberforum (jetzt Technika-Initiative) das Fischertechnik-Angebot auf die Beine gestellt. Sie haben mich bei der Auswahl der Teile und dem Sortiersystem beraten. In der TechnoTHEK haben wir mehr als 24.000 verschiedene Teile, mit denen bis zu 40 Kinder (und deren Eltern) gleichzeitig Modelle bauen können.

Über den Vorstandsvorsitzenden des VDI Karlsruhe, Professor Simon, ist der Kontakt zu Professor Walter zustande gekommen.* Er hat einen Workshop zum Programmieren von Malrobotern entwickelt. Die Kinder „sagen“ dem Roboter über eine Programmieroberfläche, wie er ein Viereck malen soll und können dann sofort sehen, ob es funktioniert. Professor Walter hat sein Know-how und Material mit uns geteilt, sodass wir diesen tollen Workshop auch bei uns in der TechnoTHEK anbieten können.

Die Bibliothekspädagogin der Stadtbibliothek Karlsruhe, Elisabeth Neckenich, hat ein ausführliches Konzept für Stop-Motion-Filme mit LEGO-Figuren entwickelt. Die Kinder können sich eine Geschichte ausdenken und mit LEGO darstellen. Die Geschichte fotografieren sie dann und setzten sie mit einer speziellen App zu einem Film zusammen. Jedes Mal, wenn der Kurs zu Ende ist, sind alle enttäuscht und wollen noch weiter machen.

Online-Angebote der TechnoTHEK Karlsruhe sind in Ausarbeitung

Aufgrund der aktuellen Situation mit den Kontaktbeschränkungen et cetera sind die Räumlichkeiten der TechnoTHEK in der Kinder- und Jugendbibliothek im Prinz-Max-Palais vorübergehend geschlossen beziehungsweise nicht für Veranstaltungen benutzbar. Wie gehen Sie mit der Situation um, können TechnoTHEK-Angebote für Kinder derzeit noch realisiert werden?

Die Situation hat zu einem Umdenken geführt. Aktuell ist die Bibliothek zwar offen, aber nur zum Ausleihen von Medien. Die Kinder können sich nicht hinsetzen und einen Baukasten aufbauen oder einen Workshop besuchen.

Ich finde diese Maßnahmen vernünftig und bin sehr froh, dass die Stadt solche Regelungen zum Schutz der Menschen eingeführt hat und weiter aufrechterhält. Natürlich stellen diese neuen Rahmenbedingungen das Konzept der TechnoTHEK auf die Probe. Deshalb bin ich gerade dabei, neue Workshopformate online zu entwickeln.

Angefangen habe ich mit einem Einsteigerkurs für Programmieren mit KODU. KODU ist eine auf Piktogrammen basierte Sprache, mit der Kinder ganz schnell komplexe 3-D-Spiele entwerfen können. Den Kurs gebe ich mit meinem Sohn Jayden. Er programmiert schon über drei Jahre mit KODU und ist ein Experte darin. Wir haben bisher drei Kurse durchgeführt. Auch hier gab es wieder eine steile Lernkurve. Die größte Herausforderung ist die Technik – wie schaffen wir es, eine für die Kinder leicht handhabbare Lernumgebung zu gestalten und die Inhalte so rüberzubringen, dass sie sie verstehen, und zwar über die Entfernung hinweg? Den Kurs hatten wir bereits in der Bibliothek angeboten, es erfordert aber eine ganz andere Herangehensweise, ihn online durchzuführen. Wir planen, jeden Monat einen Einsteigerkurs und einen Kurs für Fortgeschrittene anzubieten.

Darüber hinaus hat mein Kollege Dr. Georg Jehle einen Kurs zum Programmieren einer Datenbrille entwickelt. Der Kurs ist der erste Schritt zur Programmierung von Augmented Reality-Objekten. Die Hardware selbst hat uns das vom Frauenhofer-Institut initiierte Projekt „BaKaRoS“ überlassen. Die Mitarbeiter des Projekts waren letztes Jahr bei uns in der TechnoTHEK und haben die Hardware in einem Workshop mit den Kindern aufgebaut.

Außerdem sind weitere Formate in Planung. Die TechnoTHEK geht also auch online – was ganz neue Möglichkeiten eröffnet.

Neugründungen und ein optimistischer Blick in die Zukunft

Gibt es weitere Zukunftsprojekte für die TechnoTHEK?

Es gibt viele Anfragen aus anderen Bibliotheken außerhalb von Karlsruhe, die ebenfalls Interesse haben an einer TechnoTHEK. Der VDI Karlsruhe ist bereit, weitere Standorte zu mitzufinanzieren. Der nächste Schritt ist, weitere TechnoTHEKen zu gründen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der TechnoTHEK Karlsruhe?

Es gibt so viele Ideen, so viel Interessantes – sowohl Bewährtes als auch Neues. Eine der verrückteren Ideen – die ich so gerne umsetzen würde – ist ein 3-D-Drucker in der Bibliothek. Dieser würde ganz neue Möglichkeiten eröffnen.

Zum Abschluss ein kleines Wortspiel. Ich nenne Ihnen fünf Wörter beziehungsweise Phrasen und Sie antworten kurz und knackig:

  • Mut zu Experimentieren: Freude durch Lernen
  • MINT-Berufe: die Zukunft
  • Programmieren: Gott spielen
  • KODU: einfach coole Spiele selber machen
  • Ein Jahr TechnoTHEK Karlsruhe: eine wunderbare Herausforderung.

Vielen herzlichen Dank, Frau Dr. Vogel, für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke in die Lernprozesse und die Einblicke „hinter die Kulissen“ in der TechnoTHEK Karlsruhe! Es ist wunderbar zu lesen, dass die Angebote im MINT-Bereich für Kinder so gut angenommen werden und wir freuen uns auf viele tolle Online-Angebote in der TechnoTHEK Karlsruhe. Ihnen weiterhin viel Erfolg und Freude bei diesem Aufgabenfeld!

Das Interview mit Dr. Nina Vogel führte die Redaktion VDI Karlsruhe.

*Anmerkung der Redaktion: An anderer Stelle haben wir auch mit beiden Professoren eigene Interviews zu weiteren Projekten geführt. Zum Weiterlesen finden Sie diese hier:
Die Digitalisierung mit denjenigen diskutieren, die sie betreffen wird – Interview mit Prof. Dr. Martin Simon
Programmieren lernen mit den Malrobotern der TechnoTHEK Karlsruhe – Interview mit Professor Jürgen Walter

Weitere Veranstaltungen in der TechnoTHEK Karlsruhe werden hier im Eventkalender hinterlegt. Sie können sie auch direkt über diesen Link aufrufen:

Die folgenden Bilder wurden uns von Frau Dr. Vogel zur Verfügung gestellt. Darin können Sie einige lebensechte Eindrücke in die Räumlichkeiten und MINT-Angebote für Kinder vor Ort gewinnen:

(Mit einem Klick aufs Bild sehen Sie die ganze Datei.
Alle Fotos: © Nina Vogel. Letztes Bild: Screenshot KODU)

Über Dr. Nina Vogel

Sie studierte BWL und promovierte zum Europäischen Steuer- und Beihilferecht. Sie ist Autorin zahlreicher Publikationen in Büchern und Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie als freie Wissenschaftlerin. Neben Beruf und Familie leitet sie ehrenamtlich die TechnoTHEK Karlsruhe.

 

(Coverbild: © Nina Vogel / TechnoTHEK Karlsruhe)